Das Grün in der Ackerstraße
Die Ackerstraße im Bezirk Mitte ist eine der Berliner Straßen, in der sich bis heute das Angesicht der durch die Mauer geteilten Stadt erhalten hat.
Einst war die Gegend, genannt „Berliner Sahara“, geprägt durch Mietskasernen, Armut und deren soziale Folgen. In der „Schrippenkirche“ konnten Bedürftige eine Tasse Kaffee und zwei Schrippen erhalten, erwünscht war allerdings der nachfolgende Besuch des Gottesdienstes.
Das soziale Milieu entwickelte sich dennoch vielschichtig: auch zahlreiche Geschäfte, Familienunternehmen und Handwerksbetriebe prägten Miteinander und Nebeneinander der Bewohner im Kiez.
Mit der Teilung der Stadt durch Sektorengrenze und Mauer war die Straße in zwei Hälften zerfallen, die sich auseinanderentwickelten. Während sich im Südteil der Straße, der nun zur Hauptstadt der DDR gehörte, noch bis zur Wende eine Art grenznahes „Zille-Milieu“ behauptete, war der Nordteil, nun im Westberliner Bezirk Wedding, geprägt durch die neu entstanden Paläste des sozialen Wohnungsbaues der siebziger Jahre: eine Manifestation der sozialen Marktwirtschaft durch den „Vaterländischen Bauverein“ mit Wink über die Mauer.
Die abgründige Idylle des toten Zipfels der einstigen „Frontstadt“ mit Spielstraße und Wendehammer hat sich bis heute scheinbar nicht verändert. Wenige hundert Meter entfernt allerdings hat die Straße alle Veränderungen erlebt, die der Ostteil der Stadt seit der Wende durchlaufen hat.
Zwischen Rebellion und horrenden Quadratmeterpreisen behauptet sich hier im Gesicht der Straße der Anspruch auf die Utopie eines richtigeren Lebens als ein zartes, manchmal nur gemaltes Pflänzchen.
In den Anlagen zwischen den Weddinger Wohnblöcken wächst das Grün, wird aber scheinbar seit Jahrzehnten immer gleich beschnitten. Auf dem ehemaligen Grenzstreifen wuchern die Pflanzen auch heute noch stellenweise ungehemmt.
Welches ist das gute Grün? Das Licht spendet der nunmehr wieder vereinte Himmel.